Physiotherapeutin auf zwei Rädern
Sabrina Morell
Heute ist ein guter Tag. Sabrina Morell hat früh Feierabend und noch genügend Zeit, um mit ihrem Bike die Bahn nach Motta Naluns zu schnappen. Sie liebt die Abendstimmung am Berg, die Ruhe und Aussicht – und die ewiglangen Singletrails, die vor ihr liegen.
Sabrina ist Physiotherapeutin, arbeitet in Scuol und wohnt in Ardez. Ihre Nachhausefahrt führt sie zur Alp Clünas und Alp Laret. Dann geht‘s ins wilde Val Tasna bis zur Alp Valmala und auf der anderen Talseite zurück nach Ardez. Rund eineinhalb Stunden ist sie unterwegs, mehrheitlich auf flowigen Singletrails, dann tritt sie in ihr Haus, ein altes Engadinerhaus, in dem sie schon als kleines Mädchen gerne spielte und herumtobte.
Heimweg mit Aussicht
«Die Tour von Motta Naluns nach Ardez ist genial», schwärmt Sabrina. «Super Trails, wunderschöne Natur, umwerfendes Panorama. Dies einfach so, als Heimweg nach einem gewöhnlichen Arbeitstag, erleben zu dürfen, ist ein wahres Privileg. Ich bin sehr dankbar dafür.»
Sabrina wohnt seit 2019 in Ardez im Haus ihrer Grosseltern. Aufgewachsen ist sie in Bäretswil im Zürioberland als Tochter von zwei Engadinern. Der Vater stammt aus dem Unterengadin, die Mutter aus dem Oberengadin.
In der Natur des Engadins zu Hause
Ihre Engadiner Wurzeln haben Sabrina von klein auf geprägt. Alle Ferien und viele Wochenenden hat sie bei den Grosseltern verbracht. Sie liebte es und kehrte jedes Mal nur ungern nach Hause zurück. «In der Natur des Engadins habe ich mich schon immer wohlgefühlt. Dass ich nun hier leben und meinem geliebten Job als Sportphysiotherapeutin nachgehen kann, ist ein wahrgewordener Traum.»
Train inside, enjoy outside
Sabrina Weiss, wie man nach einer Verletzung wieder fit und schmerzfrei wird, und ist selber eine leidenschaftliche Sportlerin. Sie bewegt sich gerne und viel in den Bergen, im Winter meist auf dem Snowboard, im Sommer am liebsten auf dem Bike. Ihr Motto lautet: Train inside, enjoy outside! «Um draussen mehr Spass zu haben, musst du drinnen richtig trainieren», so die Expertin. «Regelmässig ins Gym zu gehen, lohnt sich also. Auch als Biker und Bikerin.»
Hier zu leben, ist ein wahrgewordener Traum
Sabrina Morell
Die erfahrene Sportphysiotherapeutin erklärt: «Velofahren macht Spass und ist gesund, aber die Bewegungen dabei sind einseitig: Die Hüften sind immer leicht angewinkelt, die Arme nie über dem Kopf, der Oberkörper stets in geschlossener Haltung. Das kann zu muskulären Verkürzungen und Dysbalancen führen, die zusätzlich verstärkt werden, wenn man einen Bürojob hat, wo die Haltung ähnlich wie auf dem Bike ist.»
«Mit dem richtigen Training kann man solche Problemzonen gut ausgleichen. Mit Mobilitäts- und Dehnübungen und Krafttraining für Muskeln, die eher schwach sind. Die Idee ist, Verletzungen vorzubeugen, schmerzfrei zu bleiben und besser, weiter, länger biken zu können.» Darum trainiert Sabrina selber zweimal pro Woche im Gym, zwei- bis dreimal steigt sie aufs Velo.
Oberkörper und Rumpf sind wichtig
Zum Biken benötigt man nämlich mehr als nur Muskeln in den Beinen. Auch der Oberkörper und Rumpf sind wichtig, doch wie Sabrina aus eigener Erfahrung weiss, werden diese oft vergessen. «Beim Fahren merkt man das Defizit in diesen Bereichen vielleicht nicht, aber spätestens bei einem Sturz schon. Denn ohne stabilisierendes Korsett aus Muskeln, ist die Schulter oder Hand schnell verletzt.»
Von der Patientin zur Therapeutin
Verletzungen hat Sabrina mehrere am eigenen Leibe erfahren. Als Kind hatte sie Rückenprobleme, mit 17 renkte sie sich die Schulter aus, dann eine Knieverletzung, erneut eine Schulterluxation, Bruch in der Hand, wieder die Schulter. Es passierte beim Snowboarden, Basketballspielen, Biken. So kam sie schon früh und häufig mit Physiotherapie in Kontakt. Es faszinierte sie, wie man mit gezielten und einfachen Übungen, den Körper wieder fit und schmerzfrei bekommt. Also wurde sie selber Physiotherapeutin.
Biken ist gesund, aber einseitig. Darum gehe ich ins Gym
Sabrina Morell
Während der Ausbildung in Landquart lernte sie Anna Barbla Carl kennen. Heute sind die beiden, zusammen mit Nicole Bulfoni, Geschäftspartnerinnen. Die drei sportbegeisterten Frauen haben 2019 Physio Engiadina gegründet.
Der Traum der eigenen Praxis
Anna und Nicole, beide im Unterengadin aufgewachsen, arbeiteten lange Zeit in Zürich und wollten zurück in ihre Heimat. Sie motivierten Sabrina, die damals in Bern wohnte, mitzukommen. «Es brauchte Mut, um in Scuol eine eigene Praxis zu gründen», sagt Sabrina, «denn ich hatte einen tollen Job in Bern, der mir gut gefiel. Doch der Schritt hat sich definitiv gelohnt. Nun fühle ich mich angekommen.»
Mit Know-how aus dem Spitzensport
Physio Engiadina arbeitet eng mit Origym zusammen. Sobald Patienten und Patientinnen bereit für höhere Belastungen sind, finden die Therapiestunden in den Räumlichkeiten des Gyms statt. Gründer von Origym ist Arno Galmarini, Bruder des Snowboard-Olympiasiegers Nevin und renommierter Fitnesscoach, der in Zürich verschiedene Weltklasseathleten betreute. Auch Arno, der seine Jugend im Unterengadin verbracht hatte, erfüllte sich den Traum, im geliebten Engadin zu leben und selbständig zu arbeiten.
Die Möglichkeiten zum Biken sind so vielfältig
Sabrina Morell
Wenn Sabrina einen freien Tag hat, dann geht sie gerne auf eine lange Bike-Tour. Ein Tipp von ihr ist die Fuorcla Champatsch bei den hintersten Skiliften des Skigebiets. Von da führen abwechslungsreiche und zum Teil anspruchsvolle Trails durchs Val Laver und Val Sinestra nach Sent. «Die Möglichkeiten zum Biken sind hier so vielfältig und die Natur überall so schön. Ja, im Engadin leben zu dürfen, ist ein Traum.»