Im Schweizerischen Nationalpark
Nationalparkwächter Not Armon Willy
Magische Momente für sich allein
Not Armon ist im Dunkeln losgezogen, um bei Tagesanbruch auf seinem Beobachtungsposten, dem Mot Tavrü, zu stehen. Er liebt diese magischen Momente, wenn die ersten Sonnenstrahlen die Berghänge erhellen. «Die meisten Wildtiere sind frühmorgens und spätabends am aktivsten, dann kann man sie am besten zählen», weiss der erfahrene Parkwächter.
Nichts als Wildnis – seit mehr als 100 Jahren
Der Mot Tavrü liegt auf der Grenze zum Nationalpark. Während linkerhand noch Kühe weiden, entfaltet sich rechterhand die unberührte Natur. Der Schweizerische Nationalpark wurde 1914 als erster Nationalpark der Alpen gegründet. Die Datenreihen der Wildzählungen reichen daher weit zurück, was einzigartig und besonders wertvoll für die Forschung ist.
Fernglas nicht vergessen
Parkwächter zählen nicht nur Tiere, sie unterhalten auch Wanderwege, helfen bei Forschungsprojekten mit und sind Ansprechpartner für Parkbesucher. Wenn Not Armon auf Wanderer trifft, zeigt er ihnen gerne, wo sich Hirsche verstecken. «Wer Wildtiere beobachten will, der muss ein gutes Fernglas und viel Zeit mitbringen. Denn die Hirsche laufen nicht einfach so vorbei, sondern müssen in den Hängen aufgespürt werden.»
Inspiration und Information in Zernez
In Zernez befindet sich das ganzjährig offene Nationalparkzentrum. Besucher erhalten hier alle Informationen rund um den Nationalpark und können sich in Ausstellungen für die nächste Wanderung inspirieren lassen oder eine geführte Exkursion buchen. Auch die Parkwächter fahren regelmässig nach Zernez, um ihre Datenblätter den Kollegen der Forschung zu bringen.
Sieben Nationalparkwächter
24 Jahre ist Not Armon Willy schon Parkwächter. Er ist einer von sieben und der einzige ohne handwerklichen Beruf. Als gelernter Postbeamte erledigt er dafür mehr administrative Arbeiten als seine Kollegen. Wie alle Nationalparkwächter hat er die Ausbildung zum Wildhüter und die Jagdprüfung erfolgreich absolviert.
Das Privileg, den Wanderweg zu verlassen
An seinem Job gefällt ihm, die Ruhe in der wilden Natur und das Privileg, sich darin frei bewegen zu dürfen. Allen anderen ist es untersagt, die Wanderwege im streng geschützten Nationalpark zu verlassen. Auch Feuer machen, in Seen baden oder Hunde mitführen ist verboten. Nicht einmal ein Stein darf man mit nach Hause nehmen, und die Parkwächter sind befugt, Vergehen zu ahnden. Doch das müsse er nur selten tun, freut sich Not Armon. «Die Besucher respektieren und schätzen die Schutzbestimmungen.»
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort
Im Sommer ist der Familienvater praktisch jeden Tag im Park unterwegs, meist alleine. Umso mehr geniesst er die Zeit mit der Familie. Not Armon wohnt mit seiner Frau und den zwei Söhnen in Guarda. Im Winter, wenn der Nationalpark ruht, ist er oft zu Hause, sortiert Fotos und erledigt Büroarbeiten. «Nationalparkwächter ist mein absoluter Traumberuf. Ich hatte Glück; als ich mich beworben habe, war ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort.»
Text Franco Furger / Bilder Filip Zuan / Video ON AIR Production
Zahlen und Fakten zum Nationalpark
- Ziele: schützen, forschen, informieren
- Gründung: 1. August 1914
- Fläche: 170,3 km2
- Höhenlage: 1400 - 3174 m (Piz Pisoc)
- Gemeinden: Zernez, Scuol, S-chanf, Val Müstair
- Wanderwege: 21 Routen, insgesamt 100 km, 18 Rastplätze
- Übernachten: Chamanna Cluoza, Hotel Parc Naziunal Il Fuorn
- Struktur: 28 % Wald, 21 % alpine Matten, 51 % Fels, Geröll
- Gestein: zu 80 % Dolomit und Kalk
- Säugetiere: 36 Arten
- Vögel: 100 Arten, wovon 60 als Brutvögel
- Wirbellose: 5000 Arten
- Höhere Pflanzen: 650 Arten
Im Winter ist der Schweizerische Nationalpark für Besucher geschlossen.