Brauchtum

Hom Strom

Hom Strom.
Der Hom Strom (= Strohmann) ist ein alter Brauch, der jeweils am ersten Samstag im Februar von den Scuoler Schüler*innen zelebriert wird. Gäste sind herzlich eingeladen, bei den Vorbereitungen am Nachmittag und der Verbrennung des Hom Strom am Abend, zuzuschauen.

Schon gewusst?

Über den Brauch

Am ersten Februarsamstag treffen sich die Schülerinnen und Schüler auf «Plaz», dem Dorfplatz von Scuol, um den Hom Strom herzustellen. Dazu drehen sie armdicke Stränge aus gedroschenem Roggenstroh, welches am Nachmittag vorbereitet wird. Der Roggen eignet sich als hochwachsende Getreideart dank der langen Halme besonders gut für das Drehen zu Strängen. In früheren Jahren, als Roggenstroh noch in grossen Mengen verfügbar war, hatte jeder Dorfteil seinen eigenen «Hom Strom». Und jeder wollte natürlich den grössten und schönsten haben. Nach dem Aufrichten am jeweiligen Standort mussten sie streng bewacht werden, denn jeder Dorfteil trachtete danach, den Hom Strom der anderen vorzeitig anzuzünden, um die Ersteller blosszustellen.

Roggenstroh selten und von Hand geerntet

Heute ist Roggenstroh im Unterengadin selten. Zudem muss es für den Bau des Hom Strom von Hand geerntet werden, weil der Mähdrescher die Strohhalme zerbrechen würde. Darum stellt der Scuoler Bauer Anton à Porta seit Jahren ein ausreichend grosses Roggenfeld eigens für den Brauch des Hom Strom zur Verfügung. Das Stroh wird dann zur richtigen Zeit jeweils von den Oberstufenlehrern unter Mithilfe ihrer Schüler*innen geerntet, zu Garben gebunden und später zur Lagerung in die Scheune der Bürgergemeinde, unterhalb von Plaz, gebracht, wo es auf seinen letzten Einsatz wartet.

Klare Arbeitsteilung bei dem Wickeln des Strohmanns

Die Strohstränge werden möglichst dicht gedreht und um einen etwa 9 Meter langen Masten gewickelt. Dabei hat jede Schulklasse ihre Aufgaben: Während die Jüngsten ständig neues Stroh nachliefern, formen es die Schüler*innen von der fünften Primarklasse aufwärts zu endlosen Strängen, führen diese unter stetigem Pressen langsam weiter nach «Vorne» zum eigentlichen Strohmann. Während dem Spektakel auf Plaz verkaufen die Schüler*innen der dritten Primarklasse Kuchen und Punsch zu Gunsten der Klassenkassen, während die Viertklässler*innen um die Ordnung vor Ort bemüht ist. Am Strohmann selbst wickeln die kräftigeren Schüler der Oberstufe unter Aufsicht der Lehrer die entstehenden Strohstränge möglichst satt um den Mast, der vorsichtig von vier Leuten wie eine Winde auf massiven Holzböcken liegend um seine eigene Achse gedreht wird. Innert weniger Stunden wächst der Strohmann so auf eine stattliche Dicke mit einem Durchmesser von eineinhalb Metern an.

Auf dem Dorfplatz Plaz wird das Stroh zum Hom Strom gebunden. Bild: © Dominik Täuber
Vorbereitung auf dem Dorfplatz Scuol

Wenn der Hom Strom brennt.

Das Abendprogramm

Noch vor dem Eindunkeln wird der 9 Meter grosse und 500 Kilogramm schwere Hom Strom über Innbrrücke nach Gurlaina transportiert und dort von den Lehrer*innen mit Vertretenden des Gemeinderats aufgestellt. In der Dämmerung wird er vor Bubenstreichen durch Wachen beschützt. Jung und Alt ziehen bald hinauf, um die Arbeit des Nachmittags zu bestaunen und auf den grossen Moment zu warten. Um Punkt 20.00 Uhr wird der mit viel Mühe erstellte Strohmann entfacht. Die ältesten Knaben werfen mit dem Glockenschlag ihre aus petrolgetränkten Lumpen bestehenden Feuerkugeln, mit denen sie das Gelände erleuchtet haben, auf den Hom Strom und setzen ihn damit in Brand. Nun singen die Kinder und auch die Erwachsenen, die dem Schauspiel beiwohnen, das Hom Strom-Lied. Dieses hat der Scuoler Dichter und Sänger Men Rauch eigens für diesen Anlass geschrieben. Nach einer Viertelstunde ist der Spuk vorbei, die Menge begibt sich langsam wieder zum Dorf zurück, während einzelne Einheimische noch über die Deutung der Flammen und die daraus resultierenden Prognosen diskutieren.

Ursprung des Brauches wohl heidnisch

Über den Ursprung des Brauches ist wenig bekannt, umso mehr darf spekuliert werden. Die Wurzel ist dem Alter des Brauchs und den Überlieferungen nach wohl im kultischen und heidnischen Bereich zu suchen. Die Entwicklung des Sonnenstands im Februar lässt vermuten, dass die Heiden einen Teil ihrer Korn- und Stroh-Ernte dem Sonnengott opferten, in der Hoffnung auf einen guten Sommer. Wie so mancher Brauch heidnischen Ursprungs wurde auch der Hom Strom im Laufe der Zeit verchristlicht, sodass heute keinem Sonnengott mehr gehuldigt und nichts explizit geopfert wird.

Flammen als Prognose für die Ernte im Sommer

Dennoch versucht man bis heute, dem Feuer des Hom Strom eine Prognose für den nächsten Sommer zu entlocken: So heisst es noch immer, dass man aus den Flammen lesen kann, wie die nächste Ernte ausfallen wird. Die Brenndauer ist dabei weniger wichtig als die Windrichtung, die im Idealfall mehrfach wechselt, sodass die Flammen möglichst in alle Richtungen flackern.

Ganz egal wie und wie lange der Hom Strom brennt: Der typische Scuoler Brauch ist für Einheimische und Gäste ein wundervolles Fest und ein wichtiger «Meilenstein» im Winter, der jedes Jahr aufs Neue gern besucht wird. 

Zum Mitsingen.

Lied «Chanzun dal Hom Strom» von Men Rauch

L'Hom Strom es ün bel hom
ün hom da nom e pom
chi metta sü il buol
a nos cumün da Scuol

Cul strom cha’ls paurs ans dan
ils mats las cuas fan
plajond sün ün lattun
infin ch’el es grondun

Dret sü til implantain
la saira til ardain
e tuot la glieud dal lö
s’allegra da seis fö

las flammas van in ot
portand al segner lod
chi’ns dosta dal malom
eviva nos Hom Strom

 

Der Hom Strom ist ein schöner Mann
Ein sehr rechtschaffener Mann
Der unserer Gemeinde Scuol
Den Stempel aufdrückt

Aus dem Stroh das die Bauern uns geben
machen die Buben/Jungen die Stränge
und wickeln sie um den Mast
bis Er (der Hom Strom) richtig gross ist.

Aufrecht stellen wir ihn hin.
Am Abend verbrennen wir ihn.
Und alle Leute aus dem Ort
erfreuen sich seines Feuers.

Die Flammen gehen in die Höhe
und bringen dem Herren Lob,
der uns vom Bösen bewahrt.
Hoch lebe unser Hom Strom! 

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